Der zusammengesetzte Begriff ‚networked cultures’ [vernetzte Kulturen] umreißt in diesem Kontext eine Sphäre der Verbundenheit unterschiedlicher Praxen, die sich nicht über zentral autorisierte Kategorien – Disziplinen, Institutionen, geteilte Geschichte oder Geographie – aufeinander beziehen, sondern durch ihre gemeinsame Arbeit an aktuell dringlichen Fragen und ein Schaffen von Plattformen der Beteiligung im Bereich von Kultur. Die Qualitäten solcher Netzwerke gehen aus dem Zusammenspiel der einzelnen Komponenten hervor, und diese wiederum sind höchst instabil und selbst von Interaktionen geformt. Dieses Fehlen einer klar gezeichneten Zentralität mobilisiert unseren Fokus kritischen Denkens und lenkt unsere Aufmerksamkeit weg von konstitutierenden Kategorien zu Prozessen des Konstituierens, von stabilen Raummerkmalen zu den aufkommenden Eigenschaften von Räumen, von der Produktion von Objekten zur Produktion von Beziehungsgeflechten.
Peter Mörtenböck und Helge Mooshammer,in „Networked Cultures“ 2008, www.networkedcultures.org, Vortrag 28.10.2010
Ein wichtiger Referenzpunkt hierfür sind die transnationalen Netzwerkaktivitäten rund um das Projekt Fada’ìat (dt.: durch den Raum). Eines der wichtigsten Ziele dieser Initiative von Architekturund Medienkollektiven wie hackitectura, Indymedia of the Straits oder Straddle3 ist die gemeinsame Errichtung einer küstenübergreifenden freien Kommunikationszone, welche das spanische Tarifa mit dem marokkanischen Tangier verbindet, dissidentes Wissen fördert und die Eindeutigkeit des Nord-Süd-Gefälles der Region temporär unterbindet. Satellitenschüsseln, WiFi Links und mobile Architekturen werden als zivile Technologien gegenüber der die Gegend dominierenden Grenzgeografie und ihren weiteren Implikationen für Europa zum Einsatz gebracht.
Peter Mörtenböck und Helge Mooshammer,in „Networked Cultures“ 2008, www.networkedcultures.org, Vortrag 28.10.2010
Die Auseinandersetzung mit dem Phänomen von Netzwerkkreativität folgt zunächst den von Kunst, Architektur, Urbanismus, kuratorischem Feld und Aktivismus aufgespannten Netzwerkbahnen. Der hierbei skizzierte Schauplatz unterstreicht die Bedeutung des Verhältnisses von Raum und Konflikt und führt zu einem Sondieren von Konflikträumen im erweiterten Europa, zu Untersuchungen von Konfliktarchitektur und zu den auf geokultureller Ebene ansetzenden Verhandlungsmodellen. Diese angewandten Politiken bringen den Fokus auf Fragen von Gouvernementalität und Selbstverwaltung anhand von Analysen der Organisation von Schwarzmärkten, informell errichteten Wohnstrukturen und damit einhergehenden Parallelökonomien. In Reaktion auf diese globalen Realitäten diskutiert Networked Cultures die Parallelwelten von Mobilität und Migration, fahrende Gemeinschaften, digitale Welten und andere Gegengeographien, um eine Politik der Verbundenheit in einem aufkommenden ‚Archipel der Peripherien‘ auszuloten.
Peter Mörtenböck und Helge Mooshammer,in „Networked Cultures“ 2008, www.networkedcultures.org, Vortrag 28.10.2010
Netzwerke haben die mächtigste Figur der Moderne abgelöst: die bedrohliche Gestalt der Masse im 19. und 20. Jahrhundert. Elias Canettis Vorstellung der Masse als Figur der Berührung durch das Unbekannte ist einer Figur der Verbindung mit dem Unbekannten gewichen. Erhöhte Mobilität, beschleunigte Kontakte und die schwindende Bedeutung von räumlicher Entfernung als Ausdruck für das Empfinden von Nähe und Distanz haben neue Parameter entstehen lassen, die nicht nur eine veränderte Qualität von Verbundenheit, sondern auch Momente der Verunsicherung und Angst erzeugt haben: Angst vor der ungehinderten Ausbreitung weltweiter Epidemien, Angst vor Terror-Netzwerken, Angst vor einer tiefgreifenden gesellschaftlichen, finanziellen und militärischen Krise im Zentrum der alten Weltmacht.
Peter Mörtenböck und Helge Mooshammer,in „Networked Cultures“ 2008, www.networkedcultures.org, Vortrag 28.10.2010
Einen Ort der unendlichen Ausdehnung, der überall erfahren werden kann und deshalb seitens der Politik überall neu organisiert, überwacht und gesichert werden soll. Dieser Gebrauch des Netzwerkbegriffs maskiert auf geschickte Weise eine global ansetzende Politik von Ordnungsmaßnahmen, die auf der einen Seite die Eigendynamik von Netzwerken zu kontrollieren versucht, ihrer Ausbreitung auf der anderen Seite aber auch Raum geben muss, um die eigenen Ziele zu erlangen. Wie die Grenze, so ist, mit Bruno Latour gesprochen, auch das Netzwerk ein Konzept und kein räumliches Objekt1, eine geteilte Fiktion, die in Abhängigkeit von der Art der gesuchten räumlichen und sozialen Organisation eine bestimmte materielle Gestalt anregt.
Peter Mörtenböck und Helge Mooshammer,in „Networked Cultures“ 2008, www.networkedcultures.org, Vortrag 28.10.2010
Ein wichtiger Referenzpunkt hierfür sind die transnationalen Netzwerkaktivitäten rund um das Projekt Fada’ìat (dt.: durch den Raum)(...)Eines der wichtigsten Ziele dieser Initiative von Architektur und Medienkollektiven wie hackitectura, Indymedia of the Straits oder Straddle3 ist die gemeinsame Errichtung einer küstenübergreifenden freien Kommunikationszone, welche das spanische Tarifa mit dem marokkanischen Tangier verbindet, dissidentes Wissen fördert und die Eindeutigkeit des Nord-Süd-Gefälles der Region temporär unterbindet.
Peter Mörtenböck und Helge Mooshammer,in „Networked Cultures“ 2008, www.networkedcultures.org, Vortrag 28.10.2010