Unterschiede werden durch die Schaffung einer Art "Alltagsreligion" sowohl ideologisiert als auch mythisiert. Dabei kommt es zu einer massiven Reduktion von Rationalität, die das Gleichgewicht rationaler und irrationaler Elemente in der gesellschaftlichen Struktur zerstört. Es geht hier um eine Komplex vereinheitlichender hermetischer Aussagen, die in Kurzformeln Antworten auf die gesellschaftlichen Sinnfragen "Wer sind wir? Wo kommen wir her? Wer ist schuld? geben sollen. Diese “Alltagsreligion” wird auch durch politische Symbole und sprachliche Klischees gestützt bzw. sie kommt in diesen verdichtet zum Ausdruck. Wird also ein sprachlicher Begriff zum Klischee, so wird das Wort von seinen Realitätsbezügen gereinigt und dient nur zum Auslösen von Gefühlen, wobei der kognitive Aspekt völlig ausgeklammert bleibt.
Siegfried Baur, Stammtisch I, 25.10.2010