Heute geht eine weitreichende Krise der Normgebung (des “Sein-müssens”) mit einer Abstumpfung der Neigung zur (individuellen und kollektiven) Symbolisierung einher: Es fehlen Symbole für ein Projekt der Zivilisiertheit (der Politik, des Lebens oder des religiösen Glaubens) und damit letztendlich auch die Bedürfnisse, die diese Symbole bestimmen und übermitteln (formalisieren) könnten.
Beitrag von Matteo Cavalleri “Ein Monument des Möglichen”, Forschungswoche, 30.10.2010
Das Austrocknen der Symbolsphäre, das sich in der Geste des unverbindlichen Bezahlens ausdrückt (wohingegen es zum Führen einer Beziehung und zum Verführen Verbindlichkeit braucht) zeigt die Unfähigkeit, eine Beziehung handzuhaben sowie deren wesenseigene Zufälligkeit und Unvorhersehbarkeit. Die Vorstellung, dass sie “nein” sagen könnte ist unerträglich. Die Symbolisierungsfähigkeit, die eine innere Sinneswelt schafft, deren Ausdruck zu Leidenschaft und Motivation führen würde, ist so schwach, dass keine Beziehung mit dem anderen mehr aufgebaut wird. Generell gesagt, ist diese Schwäche “sicher ein wichtiger Grund für gewalttätiges und sadistisches Verhalten. Dessen aufreizender Effekt auf die Psyche ersetzt wahre Befriedigung, oder ein Erfülltheitsgefühl das von sinn- und motivationsreichem und zweckvollem Handeln herrührt, wie sie in der Symbolsphäre strukturiert sind.” (M. C. Bartolomei, La dimensione simbolica. Percorsi e saggi, Edizioni Scientifiche Italiane, Napoli 2009, pp. 28)
Beitrag von Matteo Cavalleri “Ein Monument des Möglichen”, Forschungswoche, 30.10.2010